
Der brasilianische Erfolgsautor Paolo Coelho schreibt jeden Samstag in der Beilage „Freizeit” der österreichischen Tageszeitung „Kurier” eine Kolumne. Einmal berichtete er unter der Überschrift „Für einen Traum ist es nie zu spät” über seinen portugiesischen Verleger Mário Moura, der nach einem bewegten Leben in verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Berufen im Jahr 1990 „nebenbei” (hauptberuflich besaß er zu dieser Zeit zusammen mit einem Partner ein Reisebüro) den Verlag Editora Pergaminho, der auch Coelhos Bücher in Portugal vertreibt, gegründet hatte. Allerdings nicht sehr erfolgreich, nicht einmal 3.000 Bücher wurden jährlich verkauft. Im Jahr 1994 gab er nach einem Streit mit seinem Partner das Reisebüro auf und konnte sich nun, immerhin schon 76 Jahre alt, ganz dem Büchergeschäft widmen. „In diesem Augenblick erscheint ein Engel in Mários Leben: Ione França, eine Brasilianerin, die beschlossen hatte, in Lissabon zu leben”, schreibt Coelho wörtlich. Er erinnert sich an drei oder vier Angestellte, die der Verleger damals hatte, und dass die Geschäfte in Portugal sehr zu wünschen übrig ließen. Ione stellte die entscheidende (trojanische!) Frage, ob es neben der üblichen eine andere Art gebe, Bücher zu verkaufen. Mário verneinte das. Aber nach und nach gelang es Ione, den Buchverkauf an Stellen zu etablieren, wo das vorher undenkbar und noch nie geschehen war.
Sie begann bei der Post. Auf Mouras Bemerkung „Die Post verkauft keine Bücher” fragte sie ihn, ob er es schon einmal versucht habe, was er natürlich verneinen musste. Also ging sie hin, und es gelang ihr tatsächlich, die Post zu überzeugen, für seine Bücher einen Platz zur Verfügung zu stellen. Jetzt gab ihr Mário freie Hand. Als nächstes ging sie die Tankstellen an, bei denen bisher natürlich ebenfalls keine Bücher verkauft wurden. Sie investierten etwas Geld und schafften Autos und Regale an, um selbst die Verteilung der Bücher an die Tankstellen durchzuführen. Lassen wir noch einmal Paolo Coelho selbst zu Wort kommen: „Die Idee war einfach und komplex zugleich: Da die Menschen selten in Buchhandlungen gehen, warum nicht versuchen, sich dorthin zu begeben, wo sie sind?” (Kleine Zwischenbemerkung: Da ist sie wieder, die „Dawos-Strategie”!)
Und nach und nach tauchen die Bücher des Pergaminho-Verlags an vielen Stellen auf, wo es vorher keine Bücher gegeben hatte: in Parfümerien, Restaurants, am Straßenrand, in Sportstudios und Videoclubs. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Heute beträgt das Verkaufsvolumen rund 1,2 Millionen Exemplare pro Jahr, mit überdurchschnittlich steigender Tendenz. Paolo Coelhos Resumée: „Und was ist an der Geschichte so außergewöhnlich? Als ich Mário Moura zu ersten Mal begegnet bin, war er 72 Jahre alt. Er hat seinen Lebenstraum verwirklicht, als viele seiner Kollegen in Pension oder in einer Phase waren, in der sie vom Leben nichts mehr erwarteten. Er hat ‚verrückte’ Ideen übernommen und in sie investiert, als viele Verleger darüber klagten, dass keiner mehr liest. Er glaubt nicht an Gott, sondern an den Menschen, und darin liegt die Bedeutung seiner Geschichte. Das Beispiel, das er uns allen gibt, indem er zeigt, dass es nie zu spät ist, seinen Traum zu leben.”
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